Adonis – der Spätstarter17 Jahre nach dem Titel des Bruders startet Jörg Färber erstmals bei einer Schwimm-DM
Wer mit 32 Jahren noch an Deutschen Meisterschaften teilnimmt, muss sich die Frage gefallen lassen, ob es das letzte Mal ist. Jörg Färber gehört ab heute bei den Kurzbahn-Titelkämpfen in Essen zu den ?Schwimm-Opas?. Doch über die Eingangsfrage macht sich der Leipziger keine Gedanken. Der Berufs-Feuerwehrmann feiert mit 32 Lenzen Premiere auf der großen Bühne. Bislang ist die DDR-Spartakiade 1989 in Berlin sein größtes Schwimm-Event: ?Damals war ich schlecht, nachdem ich mir beim Fußball den Fuß verknackst hatte.? Sportlich untätig war Jörg Färber in der Zwischenzeit nicht, auch wenn der Beruf Vorrang hatte. Er bewältigte den Brocken-Marathon beim Harzgebirgslauf, lief den Supermarathon beim Rennsteiglauf, steigerte die Marathon-Bestzeit in Rom auf 3:21 Stunden, finishte den Ironman-Triathlon im österreichischen Klagenfurt in starken 10:16 Stunden, bewältigte mit dem Team Speiche die knochenharte Flandern-Rundfahrt, erklomm den Anstieg nach Alpe d?Huez. Doch nun konzentriert er sich wieder auf das, was er am besten kann ? Schwimmen. Nach seinem letzten Sachsenmeistertitel 1994 titelte die LVZ: ?Koch Färber lässt im Wasser nichts anbrennen.? Diese Schlagzeile ließe sich diese Woche fast wiederholen, denn in Riesa gewann er den Landesmeistertitel über 50 Meter Brust. Doch diesmal war es der Feuerwehrmann Färber, der nichts anbrennen ließ. Denn er stellte sein Leben um, wechselte den Beruf. Noch Mitte der 90-er Jahre arbeitete er an einer großen Karriere in der Küche. Er kochte in Italien, Kanada und Hamburg in Top-Häusern ? und in Leipzig in angesagten Restaurants wie Medici oder Piagor. In dieser Zeit arbeitete er nicht selten 15 Stunden täglich, fuhr den Sport auf Null, dafür sprang das Gewicht des 1,98 Meter großen Hühnen auf 115 Kilo. Seit sieben Jahren trainiert er wieder täglich, bei der Feuerwehrschule in Hoyerswerda begann er mit dem Schwimm-Comeback. Inzwischen zeigt die Waage ein ideales Wettkampfgewicht von 93,5 Kilo, seinen Spitznamen Adonis bekam er nicht von ungefähr verpasst. Morgen tritt Jörg Färber in die Fußstapfen des Bruders Ralph, der vor 17 Jahren Deutscher Meister über 100 Meter Brust war und in Perth an der WM teilnahm. Dass er an die Erfolge des vier Jahre Älteren nie heran kam, sieht er gelassen: ?Ralph war auch beim Ironman und Marathon schneller als ich. Darunter habe ich nie gelitten, ich habe eben nicht ganz sein Talent.? Färber junior weiß schon jetzt, dass morgen nach dem Vorlauf Endstation ist. Von 76 Startern über 50 Meter Brust erreichen nur die besten Sechs das Finale ? mit seiner Meldezeit liegt er an Position 29. Wenn Kruppa und Co. um Gold, Silber, Bronze kämpfen, ist der Leipziger Post-Schwimmer bereits auf dem Heimweg und fiebert dem nächsten Highlight entgegen ? dem Konzert der Fantastischen Vier. Nachdem er die Pflichzeit (30,0 Sekunden) im März geschafft hatte, wurde die Idee des DM-Starts geboren. Inzwischen kümmerte er sich auch um die kleinen Details, die ein, zwei Zehntelsekündchen ausmachen: Er kaufte sich für 250 Euro einen hautengen Schwimmanzug, den heutzutage schon die 14-Jährigen tragen. In Riesa steigerte er sich auf 29,44 ? eine Zeit, vor der auch der Bruder den Hut zieht. In Essen will Jörg Färber nicht nur die Atmosphäre genießen, sondern einen Schritt Richtung 29er-Grenze machen. Und er startet nicht als Nobody: Seit einigen Wochen ist er deutscher Rekordhalter der Masters-Altersklasse 30. In einer Zeit, vor der die Jugend Respekt hat.fsLVZ2007-11-23
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