Goldener Freitag in Wuppertal
Gold für Stefan Herbst über 50 m Rücken, Gold für die Männer-Freistilstaffel, Bronze für Lisa Graf über 200 m Rücken: Die Schwimmer der SSG Leipzig trumpften gestern bei deutschen Kurzbahn-Meisterschaften in Wuppertal groß auf. Insgesamt standen neun Messestädter in den Finals. Da gab es für Trainerin Eva Herbst nur einen Kommentar: „Wahnsinn!"
14 Jahre nach seinem ersten Männer-Titel in Uelzen stand Stefan Herbst wieder auf dem obersten Treppchen. Doch der 32-Jährige hatte alle Mühe, in der Schwimm-Oper das Wasser an der Leiter zu verlassen. Gleich mehrere Versuche brauchte der völlig ausgepumpte Kapitän und Vorsitzende der SSG Leipzig. Die zwei Bahnen Rücken waren dabei nicht das Problem. Hier hatte er schon den Vorlauf mit einer Top-Zeit dominiert, im Endlauf ging es „nur" noch um Gold.
Doch das Finale wurde fast zum Harakiri-Spiel, denn der Leutzscher mutete sich eine gefährliche Doppel-Belastung zu: Um 16.05 Uhr sprang er neben Paul Biedermann über 200 m Freistil ins Wasser und wurde Vierter. Schon hier musste Herbst alles aus sich herausholen, um seine Staffel-Chance für die WM in Dubai zu wahren. Um 16.23 Uhr – gleich im nächsten Männer-Wettbewerb – ging es um den Titel im Rückensprint. Zwar lag vorher noch die Freistil-Siegerehrung, doch weil der völlig erschöpfte Biedermann-Bezwinger Markus Deibler noch gar nicht wieder unter den Lebenden weilte, fiel das geplante Siegerinterview aus – und die Pause für Stefan Herbst verkürzte sich um drei Minuten.
Dennoch rettete der dreifache Olympiateilnehmer mit seinem langen Arm sechs Hundertstel Vorsprung auf den 15 Jahre jüngeren Kontrahenten Christian Diener (Cottbus) ins Ziel. Damit dürfte der Sportsoldat für die Kurzbahn-EM in zwei Wochen in Eindhoven so gut wie qualifiziert sein. „Ich habe vorher gewusst, dass es hart wird. Aber mit den Plätzen vier und eins habe ich mein Ziel in beiden Strecken erreicht", sagte Stefan Herbst.
Der Tag war damit noch nicht gelaufen: 90 Minuten später hing die nächste Goldmedaille um den Hals von Herbst, es war seine fünfte bei nationalen Kurzbahn-Meisterschaften. Diesmal begleiteten ihn drei glückliche junge Männer aufs Podest: Denn auch Karl-Richard Hennebach (18), Serghei Golban und Tobias Horn (beide 17) – alle kommen vom SSV Leutzsch – verteidigten über 4×50 m Freistil für die SSG ihren ersten Platz des Vorlaufes. „Wenn uns das vorher einer gesagt hätte, hätte ich gemeint: Träum weiter", sagte eine glückliche Eva Herbst: „Mit etwas Glück hatte ich auf Bronze gehofft." Herbst führte sein Team an zweiter Position schwimmend von Platz vier auf eins, war aber eine Zehntel langsamer als im Vorlauf. Dafür steigerten sich seine Staffelkollegen: Am meisten Tobias Horn als Schluss-Schwimmer. Der Mittelstrecken-Spezialist war sieben Zehntel schneller als am Vormittag. Golban und Hennebach hatten sich über 50 m Rücken nach ihren Plätzen sechs und acht noch geärgert, doch am Ende strahlten sie mit der Goldmedaille um die Wette. Golban war zudem starker Vierter über 50 m Schmetterling, die Frauen-Staffel kam auf Platz fünf.
Am Vorabend ihres 18. Geburtstages war auch Lisa Graf über ihre hart erkämpfte Bronzemedaille über 200 m Rücken happy. „Die Beine waren am Ende schwer und die Wenden haben auch nicht alle geklappt. Aber ich habe mich durchgebissen", sagte die Sportgymnasiastin, die drei Hundertstel Rückstand zu Silber und acht Hundertstel Vorsprung auf Rang vier hatte.
Frank SchoberLVZ2010-11-13