Inspiriert von den Profis: Leipzigs Wasserratten schwimmen in ihrer eigenen Liga

Dezember 14 2020

In schwierigen Situationen nicht einfach den Kopf in den Sand zu stecken, sondern nach kreativen Lösungen zu suchen, gehört zu den wichtigsten Fähigkeiten von Leistungssportlern. In diesem Jahr war diese Eigenschaft gefordert wie selten zuvor und auch die Schwimmer des Leipziger Landesstützpunktes (LSP) gehen neue Wege, um trotz aller Widrigkeiten voranschreiten zu können.

Vorgemacht haben es die Top-Stars: Im November waren mehr als 300 Spitzenschwimmer in Budapest in der internationalen Schwimmliga am Start und jagten für Profi-Teams mit strengen Hygienemaßnahmen Rekorde. Inspiriert von diesem Konzept dachten sich die Verantwortlichen in Leipzig: „Das können wir auch.“ Innerhalb weniger Wochen war eine eigene ISL geboren: Die Ideelle Schwimmliga Leipzig.

„Es ist eine gute Lösung in dieser ungewöhnlichen Situation. Wie haben etwas Positives für alle am Stützpunkt gefunden, von klein bis groß“, freut sich Landestrainer Frank Embacher über das Konzept, das seine Coaches mit viel Liebe zum Detail erarbeitet haben und das es den Schwimmern am Stützpunkt in den zurückliegenden Wochen endlich wieder ermöglichte, Wettkampfluft zu schnuppern.

Dafür wurde nicht weit gereist, sondern die ohnehin zur Verfügung stehenden und genehmigten Trainingszeiten in der heimischen Uni-Schwimmhalle wurden in kleine interne Wettkämpfe umgewandelt. An diesen „Race Days“ traten die Schwimmer des LSPs für drei eigens geschaffene Teams an. Die „Dragons“ mit WM-Teilnehmer David Thomasberger, die „Panthers“ mit Comeback-Schwimmer Marek Ulrich und die „Golden Gators“ mit den Youngsters Louis Schubert und Timo Sorgius bestehen sowohl aus Schwimmern der Top-Trainingsgruppe von Frank Embacher als auch aus den jungen Kaderathleten der weiteren Trainingsgruppen am Stützpunkt.

„Die Kleinen sind sehr motiviert, weil sie mit den Großen zusammen in Mannschaften starten können und die Großen übernehmen die Vorbildrolle für die Jüngeren“, freut sich Embacher und sein Schützling Marek Ulrich ergänzt: „Es macht sehr viel Spaß, weil es auch schön ist, dass man die Kleineren besser kennen lernt.“

Das Kennenlernen beschränkt sich nicht nur auf den Beckenrand, wo natürlich Abstands- und Maskenpflicht herrschen. Auch im Wasser bekommen Groß und Klein bei der Leipziger ISL etwas mehr voneinander zu sehen, als es im normalen Trainingsbetrieb üblich ist. Pro Strecke können bis zu zwei Schwimmer eines Teams für ihre Mannschaft auf Punktejagd gehen. Dabei treffen die „Stars“ wie Thomasberger und Ulrich auch im direkten Duell auf die „Jungstars“ ab der Altersklasse 10. Möglich wird dies, weil die geschwommenen Zeiten nach dem Anschlag in Punkte umgerechnet werden, die auch die Altersklassen berücksichtigen. Da ist Spannung und Stimmung am Beckenrand garantiert. Bei den ersten Wettkämpfen lieferten sich die drei Teams intensive Kopf-an-Kopf-Rennen.

Auch optisch stehen die Leipziger ISL-Schwimmer den Athleten der „großen“ Profi-Liga in nichts nach. Für die Teams wurden eigens Logos entworfen und die Sportler mit passenden Shirts und Badekappen ausgestattet. Ermöglicht wurde das durch engagierte Sponsoren. Neben dem Goldsponsor der SSG Leipzig, der KSW Gruppe, unterstützen auch für das ISL-Projekt gewonnene Eventsponsoren das innovative Konzept. Mit Ausbau Liebertwolkwitz, fischerbalkone, der METEC GmbH, dem Sanitätshaus Wolf sowie dem Ingenieurbüro Stamm und der Stiemer Gebäudemanagement GmbH konnten insgesamt sechs Unternehmen gefunden werden, die sich für die Leipziger Schwimmer im Rahmen der ISL einbringen und unter anderem auch die Finanzierung der Hygienemaßnahmen ermöglicht haben.

Das ist natürlich ein wichtiger Rückenwind und im Schwimmbecken sorgt ein weitere Punkt im ISL-Konzept für Motivation: Für persönliche Bestzeiten gibt es Sonderpunkte und diese Bestleistungen purzelten vor allem bei den Jüngeren wie am Fließband. Schon mehr als 250 Verbesserungen gab es an den bisherigen vier Renntagen zu verbuchen. Einige davon können sogar Einzug in die offiziellen deutschen Bestenlisten finden, denn dank engagierter ehrenamtlicher Helfer, die extra getestet wurden und unter Hygienemaßnahmen das Event betreuen, wurden die letzten Leipziger Race Days auch als offizielle Wettkämpfe gewertet, was unter anderem für Kaderstatus und ähnliches durchaus wichtig sein kann.

„Es ist ein Wettkampf und das brauchen wir derzeit auf jeden Fall“, so Frank Embacher, der scherzhaft anmerkt: „Nur vom Training bekommt man mit der Zeit ja einen kleinen Rappel.“ Auch die Athleten seiner Spitzengruppe konnten durchaus überzeugenden Leistungen abliefern. Marek Ulrich zum Beispiel kam über die 100m Rücken in 55,01 Sekunden bis auf wenige Zehntel an seine Saisonbestleistung heran und schlug im Rückenprint in 25,45 Sekunden mit der deutschlandweit in diesem Jahre zweitbesten Zeit an. „Ich muss noch an der Ausdauer für die letzten Meter arbeiten. Da fehlt vielleicht doch mal ein Höhentrainingslager“, so die Einschätzung der mehrfachen Nationalschwimmers. „Es gilt einfach durchzuhalten und dranzubleiben.“

Ein Motto, das sich auch alle anderen Athleten auf die Fahne geschrieben haben. Deutschland fährt in den kommenden Tagen wieder herunter, doch die Leipziger Schwimmer haben ihre Zeit genutzt. Mit einem innovativen Konzept sind sie in diesen schwierigen Zeiten mit aller Vorsicht und trotz Abstand und Maske noch enger zusammengewachsen.

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