SSG Leipzig wird zum Erfolgsmodell
Schwimmer geben im Nachwuchs Gas / Bundesweite Aufmerksamkeit für StartgemeinschaftMit elf Goldmedaillen und vier Qualifizierten für die Junioren-EM in Helsinki haben die Schwimmer der SSG Leipzig bei den deutschen Jahrgangsmeisterschaften nachdrücklich auf sich aufmerksam gemacht. Juliane Reinhold, Tobias Horn und Karl-Richard Hennebach schwimmen für Deutschland in der finnischen Hauptstadt, der fünffache Meister Serghei Golban startet für sein Heimatland Moldawien.
Stefan Herbst war begeistert. Leipzigs Vorzeigeschwimmer und sportlicher Leiter der Schwimm-Startgemeinschaft (SSG) ließ es sich nicht nehmen, vom Trainingslager in Potsdam nach Berlin zu düsen und den SSG-Nachwuchs anzufeuern. „Besonders toll fand ich, dass alle Trainer und Trainingsgruppen an den Erfolgen beteiligt sind. Alle haben gut trainiert und alle Trainer haben einiges richtig gemacht", sagte der 32-Jährige. Stützpunkttrainer Oliver Trieb fiel auf: „Viele Vertreter gerade aus West-Vereinen erkennen an, dass sich in Leipzig etwas entwickelt hat. Unser SSG-Projekt hilft dabei ungemein." Die anderen Medaillen-Trainer sind Eva Herbst, Jirka Letzin und Veit Gabrysiak.
Mitunter werden die Schwimmer von den Talenten anderer Sportarten beneidet. Während beispielsweise im Judo oder in der Leichtathletik Medaillen für Gruppen aus zwei oder drei Jahrgängen vergeben werden, gibt es im Wasser in jeder Altersklasse ein Finale. Doch die Konkurrenz mit 200 Vereinen ist groß. Und als es in Extra-Endläufen um die Tickets für die Junioren-EM ging, mussten sich die Leipziger doch gegen Konkurrenz aus zwei Jahrgängen durchsetzen.
Durch diese Zusatz-Finals hatten einige ein Mammut-Programm zu absolvieren. So sprang Juliane Reinhold an fünf Tagen gleich 16 Mal ins Becken. Der Lohn: Zwei Titel und das JEM-Startrecht in vier Einzel- und drei Staffelwettbewerben. Wie viele Disziplinen die Sportmittelschülerin in Helsinki tatsächlich wahrnimmt, muss noch mit dem Zeitplan in Einklang gebracht werden. „Am meisten habe ich mich über meine 2:16 über 200 m Lagen gefreut", sagte die 16-Jährige. Besonders beachtlich: Dies war ihr 15. Start, als die Kräfte eigentlich schon nachließen.
Kraul-Schwimmer Tobias Horn gilt seit seinem Sieg beim Länderkampf Anfang Mai in Italien als Aufsteiger des Jahres. „Ich wusste kurz vorher gar nicht, dass es den Länderkampf überhaupt gibt. Dann habe ich mich sehr gefreut, dass ich nominiert wurde und sogar vorn landen konnte." Dies setzte Kräfte offenbar frei. In Berlin bewies er, dass dies keine Eintagsfliege war. Mit seinem Turbo-Endspurt gewann er die Quali-Rennen über 200 und 400 m Freistil. „Die Rennen taten zwar ganz schön weh, aber das halte ich aus."
Für Karl-Richard Hennebach ging ein Traum in Erfüllung. „Ich habe mich wahnsinnig gefreut, als mir der Bundestrainer sagte, dass er mich in zwei 50-Meter-Strecken einsetzen will", sagte der 18-Jährige, dem über 50 m Schmetterling sechs Hundertstel zur Norm fehlten. Doch dann unterbot er die Pflichtzeit über 50 m Rücken gleich dreimal: „Da habe ich noch mal alle Reserven mobilisiert, mehr ging einfach nicht." Wie jedes Jahr sorgten die Bilder bei der Siegerehrung für Heiterkeit, weil der kleine Sprinter von seinen Kontrahenten um eineinhalb Köpfe überragt wird.
Serghei Golban steigerte sich zum Vorjahr vor allem auf den 100-m-Strecken. „Er hat gelernt, dass Sprintvermögen nicht reicht, sondern er sich im Training durchbeißen muss", so Trainerin Eva Herbst. Dass Serghei in einer WG mit ihrem Sohn wohnt, findet sie eine gute Konstellation. Stefan Herbsts Einstellung zum Sport färbe ab. „Stefan regt Serghei viel zum Nachdenken an." Doch trainieren und schnell schwimmen muss der 17-Jährige alleine. Derzeit tut er das mit Bravour. Und in den nächsten Jahren vielleicht sogar für Deutschland.Frank SchoberLVZ2010-06-08